Der Beau aus Chemnitz – Eine Ausfahrt mit dem Wanderer W25 Roadster

Strahlendes Oktoberwetter an der Mosel, die Nachmittage noch deutlich über 20 Grad – was gibt es da Schöneres als eine Ausfahrt mit dem passenden Oldtimer? Wir haben es diesmal besonders gut getroffen und durften uns mit einem Wanderer W25 Roadster auf den Weg an den Fluss machen, um Werbefotos für das neue Museum „Zylinderhaus“ in Bernkastel-Kues umzusetzen. Dabei geht es zwar auch um die große Auto Union-Sammlung im Museum, aber gerade der W25 Roadster gehört nicht in den Bestand der Ausstellung, sondern ist rein privat – allerdings als Fotomotiv natürlich eine Wucht!

Von 1936 bis 1938 wurde der hinreißende Roadster mit Zweiliter-Sechszylinder aus der Feder von Ferdinand Porsche gebaut, allerdings konnte er sportlich mit dem Jahrhundertwurf des BMW 328 nicht mithalten. Optisch dann allerdings doch – für uns ist der Wanderer Roadster eines der schönsten Autos der 30er Jahre. Lediglich 258 Zweisitzer-Cabriolets und Roadster wurden gefertigt, wobei die letzten auf den sonst serienmäßigen Roots-Kompressor verzichteten: der erst hochtourig seine volle Leistung erreichende Wagen verlor durch die hohe Beanspruchung seine Zuverlässigkeit.

 

Und wie fährt er sich nun, so durch die Weinberge? Das Abenteuer beginnt mit dem Einstieg, wobei man fast mit ausgestreckten Beinen sitzt, da die Sitzbank nur unwesentlich höher als der Wagenbogen ist. Die tief ausgeschnittenen Türen verleiten dabei dazu, den Ellbogen auszufahren – sicher nicht die feine Art des Herrenfahrers. Serienmäßig hat der W25 bereits eine 12 Volt-Anlage, was dem Anlasser sehr unter die Arme greift. Dazu gesellt sich der relativ niedrig verdichtete Vorkriegsmotor, der wenig Druck entgegensetzt. Seidenweich und willig nimmt der Reihensechszylinder die Arbeit auf. Die Stockhandbremse steht etwas unbequem senkrecht und tief unter dem Armaturenbrett, der Schalthebel kragt lang und abgewinkelt hinaus in den Fußraum. Da rentiert es sich, das Auto vorher einmal durch seine vier Gänge zu schalten. Der Rückwärtsgang liegt dabei gewöhnungsbedürftig vor dem zweiten Gang. Sehr leicht setzt sich die Fuhre in Gang, allerdings sind unsynchronisierte Getriebe immer mit Fingerspitze zu fahren, nie mit Gewalt. Merkt man sich jedoch die ungefähre Geschwindigkeit pro Gang vor dem Hochschalten, dann sollte auch das Herunterschalten in diesem Bereich liegen – voilà, schon reicht ein kurzer Gasstoß beim Herunterschalten, wobei, zumindest ohne Steiglast, für das Hochschalten kaum mehr die Kupplung benötigt wird!

Und plötzlich dreht sich die Uhr um 80 Jahre zurück. Das macht aus einem Hobby eine Leidenschaft.

Ist man auf der langen Straße erst einmal im vierten Gang, dann hat der Motor einiges an Elastizität zu bieten – außerdem verleitet er ab 2500 Umdrehungen mit einem forschen Trompetenton zu mehr, was wir aber schön lassen… 500.000 Euro unter dem Hintern lassen eine echte Demut aufkommen. Man kann auch richtig mit dem Roadster flanieren, und man bekommt ein anderes Gefühl von Geschwindigkeit, weil man mit dem Podex fast auf der Straße sitzt. Dabei lachen einen die Instrumente an, dass es eine eitle Freude ist! Die Mittelleiste auf der Haube funkelt in der Sonne, der Scheinwerfer thront frei, die abgewinkelte Frontscheibe im massiven Rahmen ist ein Ding aus einer anderen, vergangenen Welt.

Was für eine Linie! Dunkel über dem Reserverad am anderen Moselufer das neue Museum „Zylinderhaus“.

UFA-Stars haben ihn geliebt, die auf Reisen freilich nicht ihr Schminkköfferchen, sondern höchstens die Zahnbürste mitnehmen konnten. Aber was macht das schon? Denkt man an die frühen Wanderer, dann kommen einem die Minis in den Sinn wie das „Puppchen“. Davon ist dieser Sportwagen ewig entfernt: er spielte in einer besonderen Liga der 30er Jahre, zwischen Mercedes 200 Roadster, BMW 327/28, Adler Trumpf Sport und Hansa Sport 1700 Roadster, die wunderbar nebeneinander passen.

Tja, die schönste Tour geht einmal zu Ende. Irgendwann gehen einem auch die Umwege auf dem Rückweg aus. Danach gehts zurück in die schnöde Gegenwartsbüchse. Klar, da geht alles einfacher. Aber es ist wie eine Dose Discounter-Bier nach einer feinen Mosel Riesling-Steillage. Aufgezogen von der Weinkönigin persönlich.

Das Zylinderhaus hat aber auch einige Wanderer zu bieten, so wie viele weitere Klassiker auch. Nix wie hin, das wäre unser Tipp. www.zylinderhaus.com

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