Die Geliebte von der Wolga – Peppone lässt grüßen, Don Camillo… auch.

Fest haben wir uns vorgenommen, nicht zu oft auf der Luxus-Welle mit zu schwimmen. Und hatten wir die für uns unfassbaren 5.000 „Likes“ auf Facebook mit dem wahrhaft exquisiten Maserati 5000 GT abgefeiert, so haben wir hier nun einen ganz wunderbaren Kontrast, den uns unser Partner Udo Freialdenhofen von den Deutschen Oldtimer-Reisen geschickt hat, als er jetzt mit einer Reisegruppe an der schönen Müritz unterwegs gewesen ist.

Der AwtoWAS Shiguli als Kombi. Ja, als Exportmodell aus der Sowjetunion hieß er Lada, was im Slawischen die Geliebte bedeutet. Ein Shiguli ist übrigens ein kleines Segelboot, wie es auf der Wolga seit jeher Verwendung findet – dieses Boot ziert auch das Firmenemblem.

Interessiert mich nicht! So ein weit verbreiteter Reflex, wie es scheint. Na ja, ein Hochglanz-Bolide ist es nicht, in der Tat, aber er erzählt eine große Geschichte der europäischen Automobilindustrie, die bis heute von besonderer Bedeutung ist.

In den 1960er Jahren brummte die Massenproduktion bei Fiat in Turin. Die Modelle 124, 125 und 128 gingen wie geschnitten Brot, im untersten Marktsegment motorisierte der Fiat 500 die Massen, fast wie der Käfer in Deutschland. Geschäftstüchtig, wie Fiat-Boss Gianni Agnelli war, wusste er als Großkapitalist durchaus die guten Beziehungen der italienischen Kommunisten nach Russland zu nutzen.

Der Chef der italienischen Kommunisten, Palmiro Togliatti (1893-1964), hatte während des Krieges Asyl in der Sowjetunion gefunden. Ab 1944 zurück in Italien, baute er mit der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) die größte rote Partei im Westen auf. Das war für Agnelli der Weg zu einem guten Deal mit den Russen. In Stawropol-Wolschskij an der Wolga, einem Städtchen, das gerade nach Bau eines Staudamms abgesoffen und neu am Ufer gebaut worden war, entstand ab 1966 eine Automobilfabrik, die den erfolgreichen Fiat 124 in Lizenz bauen sollte. Ab 1970 lief er als AwtoWAS Shiguli vom Band und sah seinem italienischen Bruder zum Verwechseln ähnlich. Der Kommunist Togliatti war jedoch inzwischen verstorben, und die Sowjets tauften den Namen des Ortes ihm zu Ehren um: Das Automobilwerk liegt heute in Toljatti, in der Buchstabierung dem Russischen angeglichen.

Wir sehen also, Fiat hatte keine Angst vor dem „Eisernen Vorhang“ des Ost-West-Konfliktes nach dem Krieg. Es entstanden zudem Fiat 128 mit Fließheck als Zastava in Jugoslawien, ebenso wie Fiat 125 und später 126 Bambino als Polski-Fiat, weiter südlich zudem der Mirafiori 131 als Murat Sahin in der Türkei. Andere Modelle aus Indien etc. lassen wir heute mal außen vor.

Tja, der Lada mit Fiat-Karosse wurde unter leichten Modifikationen bis 2012 gebaut. Das nennen wir doch mal Beständigkeit, wie sie sonst nur die Royal Enfield als Motorrad, ebenso wie das Tempo-Dreirad in Indien zelebrieren können. Und der englische Morgan gehört natürlich auch dazu.

Lada, nun ja. Der real existierende Sozialismus hatte so seine Engpässe, wobei wir auf die Ursachen hier nicht eingehen wollen, schließlich sind wir kein politisches Podium. Die Russen, stets verlegen um Devisen, boten den Italienern ein Kompensationsgeschäft an. So lieferten sie in den frühen 1970er Jahren Stahlblech nach Italien. Allerdings hatten sie das Material günstig aus Schrott eingeschmolzen und nicht ordentlich geschreddert, um zu trennen. So blieben in eingeschmolzenen Autowracks etc. die Kabelbäume, deren Kupfer mit in die Stahllegierung wanderte. Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, der weiß, dass die enorme Differenz bei der Elektro-Negativität zwischen Kupfer und Eisen eine regelrechte Batterie erzeugt, in der die Teilchen fließen und Korrosion entsteht… Das ist wohl der Grund für die unfassbar rostigen Fiat und Alfa-Romeo in der Mitte der 1970er Jahre! Russisches Batterie-Blech. Oder war das gar geplant? Verschwörungstheoretiker aller Länder, vereinigt euch!

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert