Das Auto ohne Grenzen

Neulich sah ich bei einem Freund auf dem Hof ein Gefährt, das ich nahezu vergessen hatte. Es war kein Cisitalia, Betone oder eine andere seltene automobile Nadel im Heuhaufen – es war ein Citroen Visa. Wann ich zuletzt einen in freier Wildbahn gesehen hatte – ich konnte es nicht sagen, aber der kleine Franzose ist selten geworden. Ganze 12 Exemplare werden auf einer bekannten Online-Feilschplattform angeboten. Meine Neugierde war geweckt.

Bereits 1981 kam ein umfassendes Facelift und ersetzte die knorrige Kunststofffront

Anfang der 1970er Jahre suchte man bei Citroen nach Ideen für einen Nachfolger des 2CV – klein, günstig und simpel sollte er sein. Da Fiat für den 127er ebenfalls Ersatz suchte, konstruierte man gemeinsam drauf los. 1974 aber fand dieses Joint-Venture ein Ende, denn der angeschlagene Citroen Konzern suchte Schutz unter den Fittichen von Peugeot und beschritt den Weg zur PSA Gruppe. Optisch an den GS angelehnt, kam der 3,70 lange Winzling mit 4 Türen serienmäßig im September 1978 zur Welt.

Ein luftiges Erbe – die Versionen Special und Club trugen den um 50 Kubik erstarkten 2CV Motor mit 34PS in der Brust. Knappe 130km/h waren drin nachdem man von 0 auf 100km/h 30 Sekunden wartete

Den Versionen Special und Club, wie unser Protagonist, vererbte der 2CV sein luftgekühltes Motörchen – 2 Zylinder Boxer, aber um ganze 50 Kubikzentimeter erstarkt, wollten die 34 Pferdchen dennoch keine Rakete aus dem Entennachfolger machen und so traute man sich nicht mal ansatzweise das Leistungsgewicht zu berechnen, wenn vier normal genährte Europäer hinter den vier Türen Platz nahmen – ganz zu schweigen davon, das die Zuladung ganze 300kg betrug. Die Fuhre beschleunigte immerhin auf fast 130 km/h auch wenn es bis zur 100 bereits 30 Sekunden dauerte. Wer Ambitioniertes im Sinn hatte, griff zum Peugeot Motor – vier Zylinder, 1.000 Kubik und 50 PS – darüber lässt sich bei 770kg reden. Der Geheimtipp unter Kennern aber, war der 1,7l Dieselmotor. Kräftig und voller Drehmoment wurde für den schweren Motor der Vorderwagen umkonstruiert, sodass nun auch größere Benziner Platz fanden und die Freiheit auf Rädern beflügelten. Im Innenraum ging es sachlich zu. Zwar spürt man die Seitenneigungskräfte bei Kurvenfahrten ähnlich wie in einer Ente, Platz ist dafür aber in der kleinsten Hütte.

Sachlich und funktional aber Platz für 4 Erwachsene – unser Modell aus 1986 kommt glücklicherweise ohne Bedienungssatellit aus, der in der ersten Serie für Verwirrungen sorgte.

Das markante Design des designierten Entennachfolgers sollte an den GS anschließen

Nucleaire? – Non merci – in den 1980ern europäischer Zeitgeist, den man gern am Heck zeigte

Der berühmt berüchtigte „Bedienungssatellit“ mit dem die Konstrukteure auch dem Visa seine Eigenheit in Sachen Armaturen-Bedienung schenken wollten, setzte sich glücklicherweise nicht durch und so hat unser Modell aus dem Jahr 1986 wieder Hupe, Blinker, Licht und Co am ergo-logisch rechten Fleck. Bis zum Produktionsende im Oktober 1988 kamen noch unzählige Versionen und Ideen auf den Markt – von der Cabrio Limousine – dem Plain Air, über den GTi oder sogar einer 4×4 Version Milles Pistes – der Citroen Visa kannte scheinbar keine Grenzen. Diese zeigte ihm dann aber vielleicht die Ente auf, denn schlussendlich wurde sie zwei Jahre länger gebaut und überlebte damit ihren eigenen Nachfolger.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert